Kunst als Kampfplatz

Die meisten der seit 1996 geförderten Projekte haben mehr oder weniger deutliche politische Inhalte und Aussagen. Es ist nahezu verwunderlich, dass es erst nach 14 Jahren gelang, PolitikerInnen soweit aus der Fassung zu bringen, dass sie die Finanzierung von ausgewählten Projekten verhindern wollen.

„Die Avantgarde ist der Truppenteil, der als erster vorrückt und somit zuerst Feindberührung hat“ (wikipedia.org).

Zur Förderung innovativer Projekte im Kulturbereich erscheint ein Modell wie das zwischen der Oberösterreichischen Landesregierung und der KUPF vereinbarte optimal. Menschen, die im Kunst- und Kulturbereich tätig sind und sich täglich mit dem aktuellen Diskurs im Kunstsystem auseinandersetzen, loben ein Thema für ein Förderprogramm aus. Meist liegt das Thema auf der Hand, in der Luft oder trifft mitten ins Herz. 2006 ging man von „Provokation“ als Begriff, Methode und Instrument aus, 2008 fand die Auseinandersetzung im Spannungsfeld von „Macht und Demokratie“ statt. 2010 näherte sich der Innovationstopf unter dem Titel „MIT SICHERHEIT?“ der strukturellen Unsicherheit von Sicherheit. Projekte sollten Sicherheit als Illusion, als ein in Wahrheit nicht einhaltbares Versprechen demaskieren.

Eine öffentlich tagende Jury sorgt für jene Transparenz in der Förderentscheidung, die zwar ein Grund- und Menschenrecht jedes Antragstellers sein sollte, de facto aber auch nach 15 Jahren reibungslosen Ablaufs und guter Erfahrungen ein auf den Innovationstopf beschränktes Modell bleibt.

Die meisten der seit 1996 geförderten Projekte haben mehr oder weniger deutliche politische Inhalte und Aussagen. Es ist nahezu verwunderlich, dass es erst nach 14 Jahren gelang, PolitikerInnen soweit aus der Fassung zu bringen, dass sie die Finanzierung von ausgewählten Projekten verhindern wollen.

Womit wir bei der Frage der Wirkung politischer Kulturprojekte angelangt sind. Ob es sich um klassisches politisches Kabarett oder um Interventionen, wie Social Impact Reloaded sie vornimmt, handelt, immer dienen künstlerische Mittel dazu, gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen und die dafür verantwortlichen PolitikerInnen vorzuführen.

Auf der anderen Seite der Realität bedienen sich PolitikerInnen medialer Mittel, um Missstände klein zu reden, Versagen schön zu zeichnen und soviel Nebel zu erzeugen, dass möglichst niemand bemerkt, wer Grund hat, sich die Hände zu reiben.

Seit 1968 Thomas Bernhard in seiner denkwürdigen Auseinandersetzung den damaligen Unterrichtsminister so sehr in Rage brachte, dass er sich der Lächerlichkeit preisgab, haben manche PolitikerInnen dazugelernt. In den beiden großen Parteien wagt seither kaum jemand mehr, direkt in die Auseinandersetzung mit kritischer Kunst einzusteigen.

Eines der bekanntesten Projekte in diesem Bereich war im Jahr 2000 der „Ausländer raus!“ Container von Christoph Schlingensief vor der Wiener Staatsoper. Die Auseinandersetzungen waren sowohl im medialen als auch im realen Raum wild, über- und untergriffig und mitunter handgreiflich. Die Rezeption des Projektes erfolgte über die Grenzen Österreichs hinaus. Zehn Jahre später hat Österreich eine noch restriktivere Asylpolitik. Der Diskurs um MigrantInnen hat nichts an Qualität gewonnen und nichts an Dummheit verloren.

Politische Kulturarbeit veranlasst offenbar PolitikerInnen nicht zur Kursänderung, viel eher versuchen sie, das Kulturprojekt abzudrehen. Aber sie machen ein gesellschaftliches Problem und die dafür verantwortlichen Handlungen öffentlich und konstruieren damit eine Arena für politische Auseinandersetzung. In dieser Arena finden dann rasch die gegnerischen Parteien zusammen – und hierin liegt die Ursache für die Angst der Politik: die Formierung einer Gruppe mit einem gemeinsam artikulierten Anliegen, das den Interessen der Politik entgegengesetzt ist.

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