Kein Handel mit der Kultur

Pressemitteilung der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V

Kein Handel mit der Kultur

Erklärung des Präsidenten der Kulturpolitischen Gesellschaft zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP 

Die Kulturpolitische Gesellschaft verfolgt die Verhandlungen zum geplanten transatlantischen Freihandels- und Investitionsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den USA mit großer Aufmerksamkeit und Besorgnis. Das TTIP kann erhebliche negative Folgen für die Kulturentwicklung in Deutschland und Europa haben. Die Kulturpolitische Gesellschaft anerkennt dabei grundsätzlich, dass der transatlantische Handel eine wichtige Rolle für die Wirtschaftsräume sowohl der EU als auch der USA bildet und florierender Handel eine Quelle gesellschaftlichen Wohlstands ist. Maßnahmen zur Erleichterung des Handels können positive wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Der Kulturpolitischen Gesellschaft ist es vor diesem Hintergrund ein großes Anliegen, auf folgende Punkte kritisch hinzuweisen:
 

1. Die Bereiche Kultur und Audiovisuelles erfüllen weit über die wirtschaftliche Dimension hinausgehende Zwecke in der Gesellschaft und sind von den Verhandlungen im Handels- und Investitionsbereich vollständig auszunehmen. Nicht jeder Bereich gesellschaftlichen Lebens muss sich an der wirtschaftlichen Verwertungslogik messen lassen. Kultur ist in Europa auch ein öffentliches Gut, dessen Schutzauftrag in Deutschland durch das Grundgesetz, die Landesverfassungen, die europäischen Verträge und nicht zuletzt die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, dem alle europäischen Mitgliedstaaten und die EU beigetreten sind, verpflichtend ausgestaltet ist.

2. Die Kulturpolitische Gesellschaft spricht sich gegen die Einführung eines Investor-Staat-Klageverfahrens einschließlich der Möglichkeit zur Anrufung privater Schiedsgerichte aus. Sowohl die EU, als auch die USA, verfügen über Justizsysteme, die zu den am höchsten entwickelten der Welt gehören. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass es einer das staatliche System umgehenden privaten Schutzmöglichkeit für Investoren bedarf. Aus rechtsstaatlichen Gründen ist eine solche Möglichkeit dringend abzulehnen.

3. Die grundlegende Bedeutung und Dimension der im Freihandelsabkommen behandelten gesellschaftlichen Bereiche erfordern höchste Transparenz unter substantieller Einbeziehung der nationalen Politik und Zivilgesellschaft. Dazu gehört insbesondere, dass die Verhandlungsführung und schließlich die Abstimmung darüber nicht ausschließlich in den Händen der EU liegen, sondern neben dem Europäischen Parlament auch die nationalen Parlamente mitentscheiden dürfen. Nur dann kann am Ende des Prozesses ein Ergebnis stehen, das auf beiden Seiten des Atlantiks in der Zivilgesellschaft akzeptiert wird und damit ausreichend legitimiert ist.

Die Kulturpolitische Gesellschaft appelliert an die Bundesregierung, nationale und europäische Standards vor allem in den Bereichen Kultur, Umwelt, Verbraucherrechte und Arbeit, die in politischen Prozessen erarbeitet wurden, nicht aufs Spiel zu setzen. Es dürfen keine Entscheidungen gefällt werden, deren Umsetzung zukünftige Möglichkeiten demokratischer politischer Gestaltung verhindern oder beeinträchtigen.

Prof. Dr. Oliver Scheytt
Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft


Die Kulturpolitische Gesellschaft ist eine bundesweite Vereinigung von mehr als 1.500 persönlichen und korporativen Mitgliedern. Sie setzt sich ein für eine öffentlich verantwortete und auf allen institutionellen Ebenen aktiv gestaltete Kulturpolitik, die kulturelle Vielfalt und künstlerische Freiheit als Grundlagen einer demokratischen, interkulturellen Gesellschaft sichert und möglichst vielen Menschen den Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht.

Vorhandene Beteiligungsmöglichkeiten nutzen: EU-Konsultation zum Investitionsschutz noch bis zum 6. Juli 2014 offen. Nähere Hinweise auf dem Blog der Kulturpolitischen Gesellschaft: http://kupoge.wordpress.com

Sprechen Sie uns an:
Marc Grandmontagne, Geschäftsführer
grandmontagne@kupoge.de

Katharina Weinert
weinert@kupoge.de
Tel.: 0228/20167-35

Ähnliche Artikel

Die Mitglieder der IG Kultur Vorarlberg bestätigten in der Generalversammlung am 17. Juni 2025 den neuen Vorstand um die Funktionär:innen Leon Boch, Gabi Hampson, Bernhard Amann und Niklas Koch. Gründungsmitglied Johannes Rausch, die ehemalige Vereins-Obfrau Margret Broger, Heike Kaufmann und Johny Ritter räumten nach einem zweijährigen Entwicklungsprozess ihre Vorstandsplätze für die nächste Generation.
IG KiKK Symposium "Kultur muss wachsen/naj raste kultura" anlässlich des Schwerpunktjahres für freie Kulturinitiativen 2016 im Landhaushof. Wie Kunst und Kultur abseits von monetärer Förderung unterstützt werden kann. Kunst und Kultur dienen der Unterhaltung, aber auch der Bildung und der Weiterentwicklung der Gesellschaft. Gerade am Land sind Kulturstätten oft Zentren von sozialem Austausch und Teilhabe. Niederschwellige Kulturangebote wirken der Vereinsamung im Alter ebenso entgegen wie der Abwanderung der Jugend. Schließlich ziehen sie noch auswärtige Besuchende an. Um Kunst- und Kulturarbeit zu ermöglichen und nachhaltig zu stärken, braucht es mehr als monetäre Zuwendungen – gelungene Rahmenbedingungen sind entscheidend.
Die Auseinandersetzung mit Kulturentwicklungsprozessen ist gerade in Krisenzeiten von entscheidender Bedeutung, da sie nicht nur zur Stärkung der Kunst- und Kulturszene beiträgt, sondern – richtig eingesetzt – auch als wirksames politisches Instrument zur Lenkung gesellschaftlicher Umbrüche wirkt. Das Land Kärnten hat 2024 die Erarbeitung der Kunst- und Kulturstrategie 2030 begonnen. Damit wurde ein auf zweieinhalb Jahren angelegter, partizipativer Prozess gestartet. Zugleich legte die IG KiKK ihren Arbeitsschwerpunkt auf Kulturentwicklung und begleitet den Prozess mit ihrer Expertise. Der folgende Text beleuchtet, wie Kulturentwicklung umgesetzt wird und warum dieses Instrument von vielen unterschätzt wird.