Geheimnisvolle Öffentlichkeit

Besonders der Anspruch auf Urbanisierung ist eher überraschend. War die öffentliche Kunst in Wien bisher nicht urban? Etwa gar provinziell? Und Internationalisierung? Auch ein allseits beliebter Begriff, der Qualitätssteigerung und Wettbewerbsfähigkeit verspricht.

Geheimnisvolle Öffentlichkeit

Wie sich die Bilder gleichen: Im Jahr 2004 wurde der „Fonds für Kunst im öffentlichen Raum“ gegründet, bestellte eine Jury und wählte zehn Projekte aus, bevor er sich ein Jahr später der Öffentlichkeit stellte. Der Ausschluss der Öffentlichkeit aus den Debatten wurden vom damaligen Leiter, Roland Schöny, so argumentiert: „Das muss so abgesichert sein, dass man sagt, ja das ist es und aus“ (vgl. Kulturrisse 01/05).

Diese Devise blieb zukunftsweisend für den Umgang mit dieser Kunstgattung in Wien. Im Mai dieses Jahres wurde aus dem Fonds eine GmbH, die vom Fondsleiter Schöny konzipiert wurde, aber nicht geleitet werden wird. Dafür aber von Gerald Matt und Bettina Leidl von der Kunsthalle Wien. Über diese Entscheidung zeigte sich Schöny verwundert, da er vorab nicht informiert worden war. – Nun ja, siehe oben.

Insgesamt also ein bewundernswert klares und kontinuierliches kulturpolitisches Konzept: Möglichst wenig reden fördert die Effizienz. Der nun noch zusätzlich die Neuorganisation als GmbH zugute kommen soll. Und abgesehen von erhöhter Effizienz steht die neue Struktur für Urbanisierung, Internationalisierung und Ausgliederung, wie der Website von Kunst im öffentlichen Raum (www.koer.or.at) zu entnehmen ist. Warum dies so ist und warum dies so gut ist, wird auf der Website allerdings nicht erklärt – und ist auch nicht unmittelbar verständlich.

Besonders der Anspruch auf Urbanisierung ist eher überraschend. War die öffentliche Kunst in Wien bisher nicht urban? Etwa gar provinziell? Und Internationalisierung? Auch ein allseits beliebter Begriff, der Qualitätssteigerung und Wettbewerbsfähigkeit verspricht. Gerade bei Kunst im öffentlichen Raum allerdings vielleicht nicht das erste Schlagwort, das in den Sinn kommt. Denn geht es nicht gerade hier eher um genaue Kenntnisse lokaler Kontexte als um internationale Reputation?

Schließlich noch Ausgliederung. Diese ermöglicht noch effizientere Interventionen, heißt es in der Rathauskorrespondenz vom 22.5.2007. Dies wird von allen Ausgliederungen behauptet – schließlich wissen wir ja, dass private Unternehmen effizienter arbeiten als öffentliche. Allerdings macht es einen Unterschied, ob ein Unternehmen wesentlich dem Geldverdienen oder dem Geldausgeben dient. Und: Ausgliederungen fördern nicht gerade die Transparenz, sondern haben bislang immer zur Folge gehabt, dass die Jahresberichte zu Hochglanzwerbebroschüren mutierten. Im Bereich der Kunst im öffentlichen Raum nun scheint Transparenz schon bisher keine große Rolle gespielt zu haben: Eine mündliche Auskunft der Kulturabteilung der Stadt Wien ergab, dass eine Aufschlüsselung der Förderungen gegen den Datenschutz verstoße und überdies nur den Neid unter der KünstlerInnenschaft schüre. Wenn schon der innerhalb der Stadt Wien angesiedelte Fonds ein derart krauses Verständnis in Sachen Transparenz an den Tag legte, bleibt wenig Hoffnung, was die GmbH angeht.

Und was sind nun die Pläne der neustrukturierten Förderinstitution? Ein Mahnmal für homosexuelle und transgender Opfer des Nationalsozialismus, eine Kunstmeile in der Leopoldstadt – und die Gerngross-Säule von Franz West gibt es sogar schon.

„Es geht in diesem Feld seit langem nicht mehr um das Aufstellen irgendwelcher Werke ,großer KünstlerInnen‘ (die so genannten ,drop sculptures‘), sondern um prozessuale Versuche, in das soziale Leben gestaltend einzugreifen“, schrieben Beatrix Zobl und Wolfgang Schneider 2004 in einem Standard-Kommentar (09.03.2004). Diese Nachricht hat offensichtlich weder den Fonds noch die GmbH erreicht. Ebenso wenig wie die eher banale Erkenntnis, dass Kunst im öffentlichen Raum vielleicht doch auch etwas mit Öffentlichkeit und Diskurs zu tun hat.

Elisabeth Mayerhofer und Monika Mokre

Ähnliche Artikel

Die Mitglieder der IG Kultur Vorarlberg bestätigten in der Generalversammlung am 17. Juni 2025 den neuen Vorstand um die Funktionär:innen Leon Boch, Gabi Hampson, Bernhard Amann und Niklas Koch. Gründungsmitglied Johannes Rausch, die ehemalige Vereins-Obfrau Margret Broger, Heike Kaufmann und Johny Ritter räumten nach einem zweijährigen Entwicklungsprozess ihre Vorstandsplätze für die nächste Generation.
IG KiKK Symposium "Kultur muss wachsen/naj raste kultura" anlässlich des Schwerpunktjahres für freie Kulturinitiativen 2016 im Landhaushof. Wie Kunst und Kultur abseits von monetärer Förderung unterstützt werden kann. Kunst und Kultur dienen der Unterhaltung, aber auch der Bildung und der Weiterentwicklung der Gesellschaft. Gerade am Land sind Kulturstätten oft Zentren von sozialem Austausch und Teilhabe. Niederschwellige Kulturangebote wirken der Vereinsamung im Alter ebenso entgegen wie der Abwanderung der Jugend. Schließlich ziehen sie noch auswärtige Besuchende an. Um Kunst- und Kulturarbeit zu ermöglichen und nachhaltig zu stärken, braucht es mehr als monetäre Zuwendungen – gelungene Rahmenbedingungen sind entscheidend.
Die Auseinandersetzung mit Kulturentwicklungsprozessen ist gerade in Krisenzeiten von entscheidender Bedeutung, da sie nicht nur zur Stärkung der Kunst- und Kulturszene beiträgt, sondern – richtig eingesetzt – auch als wirksames politisches Instrument zur Lenkung gesellschaftlicher Umbrüche wirkt. Das Land Kärnten hat 2024 die Erarbeitung der Kunst- und Kulturstrategie 2030 begonnen. Damit wurde ein auf zweieinhalb Jahren angelegter, partizipativer Prozess gestartet. Zugleich legte die IG KiKK ihren Arbeitsschwerpunkt auf Kulturentwicklung und begleitet den Prozess mit ihrer Expertise. Der folgende Text beleuchtet, wie Kulturentwicklung umgesetzt wird und warum dieses Instrument von vielen unterschätzt wird.